I want to see you! Kamera an oder Kamera aus?

„Kamera an“ oder „Kamera aus“ bei Videotelefonie im Mobile-Office und, ob sich die Gemüter bei dieser Frage zu Recht erhitzen?

Kamera an oder Kamera aus? Immer und immer wieder wird mir auch diese Frage gestellt. Da regt sich der Arbeitgeber darüber auf, dass Mitarbeitende sich bei virtuellen Meetings nicht einbringen und die Kamera einfach ausschalten.

Da wird sich der geneigte Leser nun denken, dass „nicht einbringen“ und „die Kamera ausschalten“ ja zwei verschiedene Schuhe sind und ja, der geneigte Leser hat damit Recht.

Es ist aber so, dass viele das Abschalten der Kamerafunktion als genauso unhöflich empfinden, wie das unentschuldigte Verlassen eines Präsenzmeetings und überdies der Eindruck entsteht, der/ die Mitarbeitende verweigere sich damit der Arbeit.

Die Argumente sind auf beiden Seiten der Kamera vielzählig und schließen regelmäßig damit ab, dass in Zeiten, wie diesen ……. der Kontakt zueinander eben nur durch Video-Meetings halbwegs gehalten werden kann.

Der/ die Mitarbeitende, die hier eine Verweigerungshaltung an den Tag legt, ist auch nicht per se ein/eine Querulant/-in. Es gibt nachvollziehbare Gründe, warum er oder sie die Kamera eben nicht anmachen möchte. Es geht schließlich und ganz ohne Schmu um nicht weniger als vermeintliche Persönlichkeitsrechte und schlicht nicht jeder fühlt sich wohl mit einer Kamera.

Eine Pattsituation in rechtlicher Hinsicht und weit und breit keine nennenswerten arbeitsgerichtlichen Urteile, die man heranziehen kann. Eine Orientierung findet man da eher noch im Datenschutzrecht.

Da steht Direktionsrecht/ Weisungsrecht des Arbeitgebers gegen das Recht am eigenen Bild und ggf. das Recht an der Unverletzlichkeit der Wohnung des/der Mitarbeitenden.

Dass das Recht am eigenen Bild verletzt sein soll, hört und liest man immer wieder. Dieses ist nach meinem Dafürhalten aber durch eine „Camera-On-Policy“ nicht verletzt und ist in diesem Kontext sogar verwirrend. Denn ein Eingriff in dieses durch Art 2 GG geschützte Recht geht nicht weiter, als wenn der/ die Teilnehmende bei einem Präsenzmeeting ist.

Kamera an oder Kamera aus - CLEVIS

Interessanter wird da schon das Grundrecht der „Unverletzlichkeit der Wohnung“ nach Artikel 13 GG. Aber wäre dieses wirklich verletzt?

Die Unverletzlichkeit der Wohnung wird in dieser Situation genau genommen auch nicht berührt, denn bei Art 13 GG geht es um ein „Durchsuchen“ und „Betreten“ der Wohnung gegen den Willen des Hausrechtsinhabers.

Davon kann bei der Videotelefonie keine Rede sein. (Die Frage nach der Unverletzlichkeit der Wohnung wird sehr viel relevanter, wenn der Arbeitgeber das Zuhause im Hinblick auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz überprüfen will)

„Ja aber, alle sehen ja in meine Wohnung/ Haus beim Video-Call und das will ich nicht.“

Hier kann jeder die Sichtbarkeit im Hintergrund selbst steuern und damit einem potenziellen Eingriff Vorschub leisten. Insofern ist auch dies kein gutes Argument für die „Kamera-Aus“ Fraktion. Und wer einfach am See sitzt und dies nicht zeigen will, der kann noch nicht einmal im Ansatz die Unverletzlichkeit der Wohnung als Argument bringen.

Und andererseits ist doch da auch noch die Sache mit dem Direktionsrecht/ Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO. Die Frage lautet hier, ob der Arbeitgeber das Recht hat das Einschalten der Kamera zu verlangen. Das Recht des Arbeitgebers den/ die Mitarbeitende zu verpflichten die Kamera anzuschalten, ergibt sich allerdings nicht aus seinem Weisungsrecht, jedenfalls nicht direkt.

Daraus, dass der/ die Mitarbeitende sich damit einverstanden erklärt, seine/ihre Leistung aus dem Home-Office (oder jedenfalls nicht vom Betriebsarbeitsplatz aus) zu erbringen, lässt sich eine Nebenpflicht ableiten, die Kamera bei entsprechender Weisung anzuschalten. Hier ist auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, denn schließlich ist es unumstritten, dass eine Teilnahme an Präsenzmeetings im Unternehmen angeordnet werden kann.

Natürlich kann da vieles diskutiert werden und alle Seiten bringen Argumente, die sich hören lassen. Unterm Strich überwiegt wohl das Interesse des Arbeitgebers daran den/ die Mitarbeitenden auch zu sehen die wohl nicht allzu schwerwiegenden Beeinträchtigungen des/ der Mitarbeitenden.

Bei entsprechender Weisung des Arbeitgebers ist die Kamera daher anzuschalten.

Zur Vermeidung von Diskussionen ist es sicher hilfreich sich darüber einmal Gedanken zu machen und dies einfach individualvertraglich mit den Mitarbeitenden zu regeln. Die Regelung dieser Thematik durch Betriebsvereinbarung ist ebenfalls zu empfehlen.

In diesem Zusammenhang soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass die Aufzeichnung eines solchen virtuellen Meetings aber äußerst problematisch werden kann. Also Obacht!

Denn bei „normalen“ Mitarbeitermeetings“ ist eine Aufzeichnung wohl eher nicht für berechtigte betriebliche Belange erforderlich und eine „heimliche“ Aufzeichnung kann daher eine Straftat darstellen. Der/ Die Aufzeichnende sollte alle Teilnehmenden darüber in Kenntnis setzen, dass er aufnehmen möchte und eine Einwilligung aller einholen.

Wer sich datenschutzrechtlich mit dem Thema der virtuellen Meetings näher befassen will, findet hilfreiche „Orientierungshilfen“ bei der Datenschutzkonferenz Deutschland. Das ist das Gremium der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder.

Hope to see you soon . -)

Nela Softic

Autorin Nela Softic

19. November 2021