In einem Team treffen unterschiedliche Charaktere, Wertvorstellungen und Arbeitsstile aufeinander. Da ist es nur natürlich, dass es manchmal zu Reibereien kommt. Konflikte im Team lösen zu können, ist deshalb ein Grundpfeiler guter Führungsarbeit.
In diesem Beitrag erfahren Sie alles Wissenswerte zu Teamkonflikten: Wie diese zu erkennen sind, wie sie verlaufen und welche Lösungsmethoden es gibt.
Was ist eigentlich ein Konflikt?
Aber beginnen wir ganz am Anfang: Was genau ist überhaupt unter einem Konflikt zu verstehen? Denn nicht jede Meinungsverschiedenheit ist gleich als Konflikt einzustufen.
Nach Friedrich Glasl (1994) handelt es sich erst dann um einen Konflikt, wenn:
- es Unterschiede bei Ansichten und Interessen gibt und
- diese Unterschiede von den Kontrahenten als unvereinbar eingestuft werden und
- entsprechende Handlungen gesetzt werden.
Die beiden Streitparteien müssen also das Gefühl haben, dass ihre Interessen unvereinbar sind, und sich dann mit ihren Aktionen gegenseitig behindern.
Moment mal: Sind Konflikte immer negativ?
In der Organisationspsychologie sieht man Konflikte nicht als etwas grundsätzlich Negatives. Vielmehr haben sie oft auch positive Seiten:
- Sie fördern die gemeinsame Diskussion.
- Sie stoßen Veränderungen an.
- Sie festigen die Identität von Gruppen.
- Sie ermöglichen neue Blickwinkel.
- … usw.
Eric Lippmann (2013, S. 319) plädiert dafür, sich anzusehen, welche Funktion ein Konflikt hat, und zu fragen:
- Was sagt er uns über die Unternehmenskultur?
- Was sagt er uns über die Struktur des Unternehmens?
- Was sagt er uns über unsere Aufgaben und Ziele?
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Die 4 Konfliktphasen
Typischerweise schaukeln sich Konflikte immer weiter hoch. Es gibt daher mehrere Modelle, um den Verlauf in verschiedene Phasen einzuteilen. Das bekannteste ist sicherlich das Konzept der 9 Eskalationsstufen nach Friedrich Glasl, welches wir im Beitrag zum Konfliktmanagement erklärt haben.
Hier wollen wir ein etwas einfacheres Modell vorstellen – die Einteilung in 4 Konfliktphasen:
Diskussion | In dieser Phase geht es zunächst nur um die Sachfrage. Die beiden Parteien diskutieren auf einer inhaltlichen Ebene. |
Überlagerung | Es kommt zu ersten Unterstellungen und persönlichen Angriffen. Die Sachfrage wird mehr und mehr von Werte- und Beziehungsfragen überlagert. Emotionen kommen stärker ins Spiel. |
Eskalation | Angriffe und Gegenangriffe nehmen zu, es entwickelt sich eine Spirale der Eskalation. Beide Seiten wollen sich nun Schaden zufügen. Der Konflikt hat die rationale Ebene verlassen. |
Chronifizierung | Die aktive Phase klingt aus, da den Beteiligten die Kraft ausgeht. Wird der Konflikt nicht gelöst, kann es zu einer Chronifizierung kommen: Im Hintergrund schwingt die Missstimmung immer mit und behindert die Performance im Team. Oftmals sind Konflikte in dieser Phase nur schwer zu erkennen. |
Als Führungskraft gilt es, Konflikte in den frühen Phasen zu erkennen und eine Lösung in die Wege zu leiten. Denn sind die Fronten erst einmal verhärtet, wird eine Einigung schwierig.
Ganz generell gesprochen, ist der professionelle Umgang mit Konflikten eine wesentliche Führungsaufgabe. Sehen wir uns deshalb an, welche Aufgaben Vorgesetzte dabei zu bewältigen haben:
Teamkonflikte lösen: Die Rolle der Führungskraft
Teamkonflikte sofort lösen oder sich lieber nicht einmischen? Die Rolle der Führungskraft ist hier nicht immer ganz klar. Fest steht aber, dass Konfliktmanagement ein wichtiger Bestandteil der Führungsarbeit ist.
Dabei beschränken sich die Aufgaben nicht nur auf die Schlichtung von Konflikten. Vielmehr trägt die Führungskraft Verantwortung für folgende Bereiche:
Konflikt-Prävention | Strukturen schaffen, die es unwahrscheinlicher machen, dass Streitigkeiten auftreten. |
Konflikte wahrnehmen | Dynamik im Team beobachten, Konfliktsignale kennen, auch auf verdeckte Konflikte achten; |
Konflikt-Diagnose | Wer ist am Konflikt beteiligt? Worum geht es? Wie ist der Konflikt verlaufen? |
Konflikt-Behandlung | Zwischen Kontrahenten vermitteln, Methoden und Strategien zur Konfliktlösung anwenden; |
Konfliktkultur fördern | Offene Atmosphäre schaffen, zum Ansprechen von Problemen ermutigen, wertschätzende Kommunikation vorleben, Mitarbeiter in Konfliktlösungsstrategien schulen; |
Sieht man Konflikte auch als etwas Positives, dann gehört laut Schreyögg (2002, S. 126) die Konfliktstimulation ebenfalls zu den Funktionen von Vorgesetzten. Das ist beispielsweise bei „erstarrten“ Organisationen der Fall: Auseinandersetzungen können hier belebend wirken und neuen Wind in verkrustete Strukturen bringen.
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Konflikte im Team erkennen
Das A und O im Umgang mit Konflikten ist, sie bereits im frühen Stadium anzusprechen. Dafür muss es einem als Führungskraft aber erst einmal auffallen, dass etwas nicht stimmt. Es ist deshalb sinnvoll, sich mit häufigen Konfliktsignalen vertraut zu machen.
Folgende Anzeichen deuten auf latente Spannungen hin:
- viele sarkastische Bemerkungen
- ständiges Unterbrechen
- Isolation von einzelnen Personen
- Informationen werden nicht mehr weitergegeben
- die Gerüchteküche brodelt
- non-verbale Abwertungen: abschätzige Blicke, Augenrollen etc.
- Leistungsabfall
- wenig Motivation der Mitarbeitenden
- außergewöhnlich viel Krankenstand
Ein generelles Warnzeichen ist es, wenn sich Mitarbeitende plötzlich auffallend anders verhalten. Ein Beispiel: Kommt ein stets pünktlicher Kollege auf einmal immer zu spät zu allen Teamsitzungen, ist womöglich eine schwelende Auseinandersetzung der Grund.
Methoden zur Konfliktlösung im Team
Angenommen, es ist nun soweit gekommen: Ein ernsthafter Konflikt zwischen mehreren Team-Mitgliedern hat sich entwickelt. In diesem Fall, sollte die Führungskraft alle Beteiligten an einen Tisch bitten. Gemeinsam wird dann versucht, das Problem zu analysieren und Lösungen zu finden, die für alle Parteien akzeptabel sind.
Hier lohnt sich ein wenig Kreativität: Oft scheint es zu Beginn, als gäbe es nur die zwei Konfliktpositionen. Die möglichen Lösungen scheinen sich auf ein Entweder-oder zu beschränken. Tatsächlich gibt es aber meistens eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten.
Dabei können spezielle Methoden zur Konfliktlösung im Team hilfreich sein. Diese lockern das Schwarz-Weiß-Denken auf und ermöglichen überraschende Denkansätze:
Konfliktkurve
Die beiden Parteien zeichnen (unabhängig voneinander) eine Kurve des Konflikts: Wie hat sich die Intensität entwickelt? Dabei tragen sie entscheidende Wendepunkte ein und beschriften diese. Das ist ein guter Einstieg, um miteinander ins Gespräch zu kommen – und herauszufinden, was das Gegenüber als besonders störend empfunden hat.
Klassisches Brainstorming
Alle Beteiligten sammeln gemeinsam Lösungen, ohne diese zu bewerten. Auch unrealistische Vorschläge sind erwünscht. Erst im Anschluss wird geprüft, was umsetzbar ist.
Kosten-Nutzen-Analyse
Gemeinsame Analyse: Welchen Nutzen hat der Konflikt? Welche Kosten (auch nicht-monetär) entstehen? Diese Methode eignet sich gut, um die Motivation für die Konfliktlösung zu erhöhen.
Sukzessive Integration von Lösungselementen (SIL-Methode)
Zunächst erarbeiten alle Team-Mitglieder in Einzelarbeit eine Lösung für den Konflikt. Schließlich werden jeweils zwei Lösungen zusammengeführt, sodass beide Ansätze in einer integrierten Lösung vereint sind. Dies wird sukzessiv weitergeführt, so lange es geht.
Zirkuläre Fragen
Hier wird „um die Ecke“ gefragt, und zwar nach den Einstellungen und Empfindungen von anderen:
„Wie geht es Ihrem Kollegen X, wenn Sie Z machen?“
„Wie würde Herr Y diese Situation einschätzen?“
„Wie würde Frau A reagieren, wenn B eintritt?“
Diese Methode fördert den Perspektivenwechsel, sodass die Sicht der Gegenseite nachvollziehbarer wird.
Tipp: Viele dieser Techniken werden in der professionellen Mediation angewendet. Methodensammlungen für die Mediation bieten deshalb reichlich Inspiration für die Konfliktlösung im Team.
Konflikte im Team: Ursachen
Konflikte im Team können die unterschiedlichsten Ursachen haben: Vom Neid auf die Beförderung bis zum Unmut über zu lautes Tippen, ist alles dabei.
Nicht selten liegen ihnen auch vermeintlich banale Angelegenheiten zugrunde. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Censuswide, ist der häufigste Grund für Ärger im Büro: Kollegen, die das Druckerpapier nicht nachfüllen. Auf Platz 2 der Streitanlässe landete das heimliche Umstellen von Heizung oder Klimaanlage.
Weitere typische Anlässe:
- charakterliche Unterschiede zwischen Mitarbeitenden
- ein Mitarbeitender bringt die erforderliche Leistung nicht
- Zuständigkeiten sind nicht klar definiert
- Rollenkonflikte: Zum Beispiel, wenn jüngere Mitarbeitende älteren Kolleg:innen Anweisungen erteilen
- Veränderungen in der Teamzusammensetzung: In der Phase des „Storming“ kommt es besonders oft zu Reibereien
- Wettbewerb um Ressourcen
Als Vorgesetzte:r sollte man im Konfliktfall genau ermitteln, was eigentlich der Kern der Auseinandersetzung ist. Hier lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben: Manchmal handelt es sich nur vordergründig um eine Sachfrage – aber im Grunde dreht es sich um die persönliche Beziehung. So kann es beim Streit um die schönere Zimmerpflanze eigentlich darum gehen, dass ein Mitarbeitender das Gefühl hat, der andere wolle ihn herumkommandieren.
Teamkonflikte lösen: Checkliste
Zum Schluss haben wir das Wichtigste zum Thema „Teamkonflikte lösen“ noch in eine übersichtliche Checkliste gegossen.
Es kriselt im Team? Dann helfen folgende Punkte weiter…
✔ einander aufmerksam zuhören
✔ Konflikte nicht aussitzen, sondern frühzeitig ansprechen
✔ Unterstellungen vermeiden: Niemals die Absichten der Gegenseite von den eigenen Befürchtungen ableiten
✔ herausfinden, welche Bedürfnisse hinter den Konfliktpositionen stecken
✔ Schuldzuweisungen unterlassen
✔ offen sein für ungewöhnliche Lösungswege
✔ alle Teammitglieder bei der Lösungsfindung mit einbeziehen
✔ den Standpunkt der Gegenseite versuchen zu verstehen
✔ respektvoll und sachlich miteinander sprechen
✔ bei Bedarf eine neutrale Vermittlungsperson um Hilfe bitten
Am wichtigsten ist es aber, zu akzeptieren, dass Konflikte im Team einfach zum Leben dazugehören. Je mehr man diese Tatsache annimmt, desto natürlicher und entspannter kann man damit umgehen.
Weiterführende Literatur:
Glasl, Friedrich (1994): Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte und Berater. Bern: Haupt.
Lippmann, Eric (2013): Konfliktmanagement. In: Lippmann, Eric; Steiger, Thomas (Hrsg.): Handbuch angewandte Psychologie für Führungskräfte. Führungskompetenz und Führungswissen. Berlin, Heidelberg: Springer, S. 315-358.
Schreyögg, Astrid (2002): Konfliktcoaching. Anleitung für den Coach. Frankfurt am Main: Campus.
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